Maibräuche in Zeiten von Corona

Maibaum 2021 in Zusamzell
Unter der Leitung von Kommandant Erwin Schuster stellte die Freiwillige Feuerwehr Zusamzell ihren Maibaum mit Muskelkraft auf.


Normalerweise geht es Ende April in unseren Dörfern im Zusamtal so geschäftig zu wie sonst selten: Oft über 30 m hohe Fichtenstämme werden aus dem Wald geholt, aufwendig und kunstvoll beschnitzt; riesige Kränze und Girlanden aus Fichtenreisig („Daas“) werden gebunden, Fichtenwipfel („Girbel“) und Kränze mit Stoffbändern geschmückt und schließlich die prächtigen Maibäume aufgestellt – traditionell mit Scheren, den langen Holzstangen, oder auch mit Maschinenkraft wie in Violau.

Schon diese gemeinsame Arbeit am Maibaum hat etwas Verbindendes, das mich jedes Jahr wieder begeistert, seit wir nach Violau gezogen sind: Sonst trifft man sich oft nur auf der Straße oder bleibt zu einem kurzen Hoigarta am Zaun stehen, doch beim Kranzen und Schnitzen (und beim nächtlichen Bewachen des Stammes!) helfen Menschen aus dem ganzen Dorf zusammen, genießen die gemeinsame Kaffeepause und freuen sich auf das Fest, wenn der Baum endlich steht. Über die Expertise, mit der das Muster für die Rindenschnitzerei über viele Meter hinweg eingeteilt wird, und die Geschicklichkeit beim Kranzen staune ich auch nach vielen Jahren immer noch. Ich selber habe es nie über den Rang einer Wedelschneiderin hinausgebracht, bereite also nur die Fichtenzweige für die Kranzbinderinnen vor oder zwicke Draht für die Bänder ab. Mein künstlerischer Beitrag beschränkt sich normalerweise auf das Zusammenstellen von Bändern in drei Farben für ein Bänderbüschel.

Zusammen mit den Musikkameradinnen und -kameraden der Blaskapelle Violau war ich am Abend des 30. April in früheren Jahren immer erst „auf Tournee“, bevor wir uns mit allen anderen zum Feiern in Violau getroffen haben: Erst haben wir unter den Maibäumen in Violau, Neumünster und Unterschöneberg kleine Standkonzerte gegeben.

All das ist schon im vergangenen Jahr der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen, und auch heuer war an fröhliche Feste bei Bratwurst und Bier nicht zu denken. Aber mit Erlaubnis von Bürgermeister Florian Mair durften immerhin die Feuerwehren unter strengen Auflagen Maibäume aufstellen. In sieben unserer neun Ortsteile machen nun also Maibäume Hoffnung auf bessere Zeiten – bescheidene Birken, aber gerade deshalb Zeichen der Zuversicht. (Auf der Website der Augsburger Allgemeinen gibt’s eine kleine Bildergalerie. Am besten auf dem Smartphone anschauen – auf dem Computerbildschirm werden die Hochformate stark angeschnitten.)

In Unterschöneberg schmücken Claudia Baur (hinten) und Johanna Dirr die Birke mit Bändern.
Stefan Seitel (links) und Stefan Baur schrauben das Ortswappen an den Unterschöneberger Corona-Maibaum.
Als „Lock-Baum 2021“ bezeichnen die Hennhofener ihren Maibaum, der während des Lockdowns aufgestellt wurde.
Der „Coronabaum Eppishofen“ wünscht Gesundheit.
In Hegnenbach steht eine Birke vor dem Bürgerhaus.
Nach einem Jahr ganz ohne Maibaum macht heuer eine Birke vor der Wallfahrtskirche Violau Hoffnung auf bessere Zeiten.
In Baiershofen stehen gleich zwei Maibäume: einer, mit dem der SV Grün-Weiß zu „Kameradschaftsgeist bei Spiel und Sport“ aufruft, …
… und einer von den Maiwichteln, der neben dem Waaghäusle „Bleibt gesund“ wünscht.

In Baiershofen, dem zweitkleinsten Ortsteil von Altenmünster, sind in diesem Jahr schon zum neunten Mal die Maiwichtel kreativ in Erscheinung getreten – wobei sie selbst anonym bleiben und nur ihre Aktion für sich sprechen lassen. Nach Jahren, in denen sie Baiershofen zum Gewerbedorf, zum Filmdorf oder gar zum Königreich ausgerufen und ihre Mitbürger mittels selbst gemalter Schilder auf die Schippe genommen haben, lautet das Motto in diesem Jahr „Eurovision – ein Lied für Baiershofen“.

58 Schilder mit Liedtiteln haben die Maiwichtel im Homeoffice gemalt, mit QR-Codes versehen, die zu YouTube-Videos führen, und coronakonform ehepaarweise vor und nach der Ausgangssperre an den Zäunen angebracht. Hier einige Beispiele:

Einige der Schilder zur Maiwichtel-Aktion 2021 in Baiershofen
Die meisten, denen ein Schild gewidmet wurde, freuen sich riesig, zum Beispiel Manfred und Conny Schurer und Karin Hass (oben von links), Roland Haak und Marlies Hofmeier mit Enkel Finn (unten von links).

Ich habe mich sehr darüber gefreut, für die Augsburger Allgemeine über die Aktion berichten zu dürfen. Leider war dabei nur für ein einziges Foto Platz, aber online gibt es eine Galerie mit über 30 Bildern zu sehen. Außerdem hat Anna Singer, die im Januar bereits für a.tv einen Beitrag über meine Knopfwerkstatt gedreht hat, den Maiwichteln eine komplette Land-und-Leute-Sendung gewidmet, die in der Mediathek zu sehen ist.

Für sie haben sich zwei der höchst konspirativen Maiwichtel sich doch ausnahmsweise aus der Deckung gewagt und zur Live-Performance des Showkünstlers Patrick Granado getanzt.

Für die a.tv-Kamera von Anna Singer tanzten zwei vermummte Maiwichtel zum Lied „New York, Rio, Tokyo“, das der Showkünstler Patrick Granado live sang.
Augsburger Allgemeine, Landausgabe Nord, 3. Mai 2021
Augsburger Allgemeine, Landausgabe Nord, 3. Mai 2021

Filzfun on Air

Update am 17.01.2021: Die Beiträge aus der SWR2-Matinee gibt’s in der Audiothek zum Nachhören – auch die Gespräche von Moderator Georg Brandl mit Kerstin Scherr über Filz und Mode und mit mir über das Magazin filzfun.

Drei Stunden Filz: So viel Zeit widmet die SWR2-Redaktion in ihrer Matinee „In die Wolle geraten – Filz“ am Sonntagvormittag, 17. Januar, ab 9:03 Uhr den verschiedenen Facetten des Themas von der Filzmode über das Magazin filzfun bis zum Filz in der Politik. 

In der ersten Stunde des Feuilletons spricht die Filzdesignerin Kerstin Scherr mit Moderator Georg Brandl über Filz und Mode, in der zweiten erzähle ich als Chefredakteurin über die Entwicklung der Zeitschrift filzfun, die 1999 von Beate Bossert und Jeannette Rucktäschel gegründet wurde, und über die Vielfalt an Themen vom Nassfilzen bis zum Nadelfilzen, vom Handwerk bis zur Kunst. Aber die SWR2-Redaktion hat noch viele weitere Aspekte des Filzes entdeckt: Es lohnt sich bestimmt reinzuhören!

Telefoninterview für die SWR2-Matinee zum Thema Filz mit Georg Brandl

Goldenes Jubiläum bei The Knitter D

Unglaublich! Soeben ist die Nr. 50 der deutschen Ausgabe von THE KNITTER erschienen. Seit 2010 arbeite ich an diesem Magazin für ambitionierte Strickerinnen mit und habe seither mehr als 650 Strickanleitungen übersetzt und/oder bearbeitet. Einmal habe ich sogar selbst ein Modell entworfen: die Handstulpen Lucia mit einem handgefertigten Posamentenknopf als exklusive Verzierung.

Zur Feier der 50. Ausgabe des Magazins gibt es zurzeit mehr als 100 attraktive Preise für alle Strickbegeisterten und Wollsüchtigen zu gewinnen: exklusive Garne, Nadeln, Anleitungen … Schaut doch mal in das aktuelle Heft!

Derweil arbeitet das deutsche Knitter-Team schon an der nächsten Ausgabe, in dem unter anderem die bekannte deutsche Strickdesignerin Martina Behm vorgestellt wird und ihr Kurzcape Valente beschreibt. Das hat mich beim Redigieren des Anleitungstextes so inspiriert, dass ich abends gleich zu Nadeln und Garn gegriffen und das Modell nachgestrickt habe. Und natürlich habe ich speziell für dieses Cape, das statt eines Schals unter der Jacke getragen wird, farblich abgestimmte Posamentenknöpfe angefertigt:

Wie das Kurzcape Valente gestrickt wird, erfahrt ihr dann in Ausgabe 51 von THE KNITTER D, die am 10. März erscheint. Klassischer Cliffhanger … 😉

Filzfigur von Gotow

Ein Gast aus dem fernen Japan

22. Mai 2020

Vor einigen Wochen habe ich für die Frühjahrsausgabe der Zeitschrift filzfun ein Porträt des Künstlerpaares Koji und Kanae Goto alias Gotow geschrieben. Die beiden leben im Kataji-Tal in der japanische Präfektur Gifu und gestalten äußerst skurrile Filzwesen, zu denen sie sich häufig von Figuren aus japanischen Büchern inspirieren lassen.

Heute traf nun eines dieser Wesen im Redaktionsbüro ein: der Bauer Noomy – ein Gruß aus Japan, das in diesen coronagebeutelten Zeiten noch ferner scheint als sonst schon. Natürlich wollte Noomy nach der langen Reise als Erstes den Garten hinter dem Büro inspizieren. Ich hoffe, er war zufrieden mit dem, was es dort zu sehen gibt.

Inzwischen ruht er sich in der Vitrine – gut geschützt vor den Redaktionskatzen – aus. Herzlichen Dank an Koji und Kanae Goto für diese hinreißende Überraschung!

Amish Quilts im tim Augsburg

16. Mai 2020

Dr. Karl Borromäus Murr erklärt den JournalistInnen einen Sawtooth-Diamond-Quilt aus der Zeit um 1910.

Dr. Karl Borromäus Murr erklärt den JournalistInnen einen Sawtooth-Diamond-Quilt aus der Zeit um 1910.

Nach Wochen fast ohne Auswärtstermine – von Gemeinderatssitzungen und der Layoutpräsentation für die filzfun abgesehen – bin ich gestern mit besonderer Vorfreude zum Presserundgang durch die Ausstellung „Amish Quilts Meet Modern Art“ im Textil- und Industriemuseum Augsburg (tim) gefahren und wurde nicht enttäuscht.

Fünfzig exquisite Amish Quilts der Sammlung Wurzer werden in dieser Ausstellung Arbeiten namhafter Künstler gegenübergestellt, wobei die Exponate in Themengruppen wie Armut | Reichtum, Demut | Hochmut oder Arbeit | Müssiggang gegliedert sind. Museumsleiter Dr. Karl Borromäus Murr, ebenso wie wir alle mit Maske, führte die JournalistInnen fast zwei Stunden lang durch die Schau und langweilte uns dabei keinen Augenblick.

Die Quilts sind allesamt in den klassischen Mustern gearbeitet, die ich selbst besonders gern mag: Log Cabin, Center Diamond, Bear’s Paw, Bars, Double Wedding Ring, Tumbling Blocks, Nine Patch … Hier ein paar Beispiele:

Log Cabin / Straight Furrow | ca. 1950 | Sammlung Wurzer, München

Log Cabin / Straight Furrow | ca. 1950 | Sammlung Wurzer, München

Double Wedding Rings (Detail) | ca. 1915 | Sammlung Wurzer, München

Double Wedding Rings (Detail) | ca. 1915 | Sammlung Wurzer, München

Familie Mast | Tumbling Blocks (Detail) | 1900 | Sammlung Wurzer, München

Familie Mast | Tumbling Blocks (Detail) | 1900 | Sammlung Wurzer, München

Double Nine Patch Variation | ca. 1925–1930 (Detail) | Sammlung Wurzer, München

Double Nine Patch Variation | ca. 1925–1930 (Detail) | Sammlung Wurzer, München

Und nachdem ich meinen Bruder Felix Weinold coronabedingt seit vielen Wochen nicht mehr gesehen habe, hat es mich besonders gefreut, im tim wenigstens einige seiner Arbeiten in der Ausstellung zu entdecken:

Felix Weinold | Vanity Fair | 2014

Felix Weinold | Vanity Fair | 2014

„Amish Quilts Meet Modern Art“ ist ab Dienstag, 19. Mai, bis zum 25. Oktober im tim Augsburg zu sehen. Allen, die sich für traditionelle Quilts und moderne Kunst interessieren, lege ich die Ausstellung – und den sehr informativen, angenehm zurückhaltend gestalteten Katalog – ausdrücklich ans Herz.

Vieles neu macht der Mai

2. Mai 2020

Gut 30 Meter hoch, mit Rindenschnitzereien, Fichtengirlande, zwei Kränzen, Stoffbändern und Zunfttafeln geschmückt: Einen so eindrucksvollen Maibaum stellen die rund 100 Einwohner des Wallfahrtsortes Violau jedes Jahr auf – außer im Corona-Jahr 2020.

Das waren noch Zeiten! Eigentlich sollte jetzt wieder solch ein stattlicher Maibaum vor der Wallfahrtskirche in Violau stehen, doch in diesem Jahr ist alles anders: kein gemeinsames Kranzen und Schnitzen der Dorfgemeinschaft, keine Maibaumfeier, keine Ständchen mit der Musikkapelle – jammerschade!

Hier geht die Arbeit trotzdem wie gewohnt weiter, und mit dem Monat Mai beginnt eine neue Ära: Seit das Redaktionsbüro vor gut 15 Jahren in Violau angesiedelt ist, berichte ich aus dem Gemeinderat Altenmünster, dem in all den Jahren Bürgermeister Bernhard Walter vorstand. Ihm folgt jetzt Florian Mair nach. Ich wünsche ihm Freude an der neuen Aufgabe, stets eine glückliche Hand und viel Erfolg zum Wohle unserer Gemeinde.

Augsburger Allgemeine, Landausgabe Nord, 2. Mai 2020

Vergangene Woche haben wir im Verlag das Layout für die nächste Ausgabe der filzfun besprochen. Allzu viel will ich noch nicht verraten, aber das Cover mit den Handpuppen-Fröschen von Yaroslava Troynich macht doch schon mal richtig gute Laune oder?

filzfun Nr. 67, Sommer 2020

Jetzt bekommt das Magazin mit Bildtexten und Korrekturen den letzten Schliff, bevor es Ende Mai fertig gedruckt vorliegt.

Bunte Hühner aus Pappmaché

Langeweile in der allgemeinen Klausur? Vielleicht kommt da ein Kreativtipp gerade recht, den ich neulich für „Mein Kamishibai“ beim Don Bosco Verlag erarbeitet habe: bunte Hühner aus Pappmaché, passend zur Geschichte „Henne, Has und Osterspaß“.

Die Schritt-für-Schritt-Anleitung mit vielen Fotos gibt’s kostenlos als Download, und das Material dürfte in den meisten Haushalten vorhanden sein: ein Luftballon, ein Eierkarton, ein paar alte Zeitungen … Der Tapetenkleister lässt sich notfalls durch einen selbst angesetzten Mehlkleister ersetzen. Bemalt habe ich meine Hühner mit Acrylfarben, aber der gute alte Deckfarbenkasten tut’s auch.

Hier geht’s zum Download:

http://www.mein-kamishibai.de/download-huhn-und-eier-aus-pappmaschee

Ich wünsche allen Familien ein paar entspannte, kreative Stunden beim Basteln und freue mich auf Fotos von vielen bunten Hühnern.

Arbeit in Zeiten von Corona

Eigentlich wäre dieses Wochenende eines der umtriebigsten des ganzen Jahres gewesen: In Köln hätte die Handarbeitsmesse h+h cologne stattfinden sollen, auf der ich alljährlich viele Geschäftspartnerinnen und Kolleginnen treffe. Am Stand von Schachenmayr wollten wir die ersten Maschen für einen Mystery-Knitalong mit Frau Feinmotorik anschlagen, und jetzt, Sonntagvormittag wollte ich im Zug nach Hause sitzen, um heute Abend beim Frühjahrskonzert meines Blasorchesters Posaune und Tenorhorn zu spielen. Eine Geburtstagsfeier bei Freunden, ein gemeinsames Frühstück, der traditionelle Vor-Messe-Abend bei meinem Lieblings-Elsässer diesseits des Rheins, dem Wackes in Köln, – alles abgesagt.

Kismet! So ist das nun halt. Ich übersetze in Ruhe ein Strickbuch und bereite die Themen für die Sommerausgabe der filzfun vor. Socke, eine unserer drei Redaktionskatzen, leistet mir dabei Gesellschaft.

Ach ja, und die ersten Reihen für den #tahitikal habe ich nun halt wie alle anderen Mitstrickerinnen hier in meiner Klausur gestrickt.

Bleibt daheim, bleibt gesund und macht das Beste aus dieser großen Pause!

Alle Vögel sind schon da

Während draußen vor dem Redaktionsbüro die Blaumeisen eifrig damit beschäftigt sind, die Nistkästen für den Nachwuchs auszupolstern, sind auf meinem Schreibtisch gestrickte Blaumeisen und eine ganze Schar weiterer Vögel gelandet – in Form der Belegexemplare des Buchs „Meine kleine Vogelschar zum Stricken“ von Sue Stratford (Weltbild, 2020), das ich vor einiger Zeit übersetzt und lektoriert habe.

Vielleicht eine gute Idee, in diesen Wochen des Rückzugs mal wieder zu den Stricknadeln zu greifen …